New Work in der Pflege
Das Sabbatical kommt aus den USA und wurde dort von Professoren an Universitäten als Forschungssemester etabliert. Seit den 1990er Jahren gewinnt das sogenannte „gap year“ auch in Europa an Popularität. So beschäftigen sich knapp ein Drittel aller deutschen Berufstätigen mit dem Thema und wünschen sich eine Auszeit oder haben diese bereits genommen. Der Trend liegt dabei klar bei den 18–25-Jährigen. Also ein Wunsch, den sich Arbeitgeber zu Herzen nehmen sollten, um die Mitarbeiterbindung an das Unternehmen zu stärken.
Ehrlich gesagt hätte ich gedacht, dass viel mehr Menschen den Wunsch nach einem freien, anteilig bezahltem, Jahr hätten. Spielt die Angst vor finanziellen Verlusten eine Rolle? Sind deshalb junge, ungebundene Menschen eher zu einer Auszeit bereit? Oder hat es was mit dem Thema und Hauptaugenmerk der jeweiligen Generation zu tun? So werden die Babyboomer als diszipliniert und fokussiert eingeschätzt. Sie haben das Wirtschaftswunder miterlebt und zum größer werdenden Wohlstand des Landes beigetragen. Sie arbeiten hart und sind stolz darauf. Die folgende Generation, X, schätzt die wirtschaftliche Absicherung, denn sie hat die wachsende Arbeitslosigkeit geprägt. Alle folgenden Generationen sind zunehmend besser ausgebildet, unternehmerisch und streben eine gute Work-Life-Balance an. Und so gliedert sich das Prinzip hervorragend in unser Zeitalter ein in dem es viel um Selbstverwirklichung geht und nach dem Motto: „Wir arbeiten, um zu leben! Wir leben nicht um zu arbeiten!“ gelebt wird.
Als Pflegekraft hast du keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical und musst dir erst das Einverständnis deines Arbeitgebers einholen. Einmal formal festgehalten, ist der die Absprache jedoch bindend.
Mein Fernweh hätte sich mit einem jahrelangen Sammeln von Plusstunden gar nicht vertragen. Und so war die Zeitarbeit mein perfekter Partner. Ich habe 9 Monate gearbeitet, Überstunden gesammelt und dann 3 Monate freigenommen. In der Zeit war ich irgendwo in der Welt unterwegs. Für mich ist das langsame Reisen die reinste Form der Freiheit. Alles, was ich brauchte, passte in einen Rucksack und dann ging es ohne größere Pläne ins nächste Abenteuer. Während der Zeit war ich nicht konstant unterwegs, sondern habe auch in verschiedenen Ländern gegen Unterkunft und Mahlzeiten gearbeitet. Für mich ein großes persönliches Wachstum auf das ich gerne und auch ein wenig stolz zurückblicke.
Wenn wir das Prinzip auf unseren maroden Gesundheitssektor anwenden, merken wir schnell: Hier ist dafür gar kein Platz. Wer wird dich ersetzen, wenn du bis zu einem Jahr auf Station fehlst? Und würden deine KollegenInnen dich unterstützen?
Wenn moderne Erkenntnisse nicht vermehrt in den Pflegealltag eingebunden werden, und ein Umdenken stattfindet, wie werden wir den Pflegeberuf wieder attraktiver für die arbeitenden und zukünftigen Generationen machen? Bis dieses Rätsel nicht gelöst wird, bin ich mir sicher: Die Zeitarbeit hat eine aussichtsreiche Zukunft – und zurecht!
Wir haben uns bei der care4us Gedanken gemacht und sehen die monatsweise Freistellung als eine nachhaltige Möglichkeit, vor allem internationale Pflegekräfte in Deutschland langfristig zu halten. Denn viele ereilt das Heimweh über kurz oder lang. Ein langer Urlaub zu Hause könnte helfen, die Batterien wieder aufzuladen. Zudem bleibt noch Zeit, um Europa zu erkunden und die Vorteile eines so kulturellen, diversen Kontinents zu erleben. Selbstverständlich müsste auch an der Integration gearbeitet werden. Ein Thema dem sich care4us ebenfalls widmen möchte. Ganz getreu dem Motto: Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt.
Wie das aussehen könnte? Durch Events, bei denen sich die Kulturen untereinander austauschen und Freundschaften schließen können. Durch ein Buddy-System bei dem jede internationale Pflegekraft bei Ankunft einen Paten zur Seite gestellt bekommt. Dieser Pate hilft nicht nur beim Kennenlernen der neuen Heimat, sondern auch bei alltäglichen, bürokratischen Fragen. Und durch das Schaffen einer freundlichen, supportiven Arbeitsatmosphäre.
Was denkt ihr? Bist du selbst Pflegekraft aus dem Ausland und hast Erfahrungen gemacht? Was hat dir gefehlt oder was war besonders schön und hilfreich? Ich würde mich über ein Gespräch mit dir sehr freuen, um der nächsten Generation von internationalen Pflegekräften einen erfolgreichen Start und vor allem ein erfolgreiches Leben in Deutschland möglich machen zu können.
Selbstverständlich könnte eine Teilzeitanstellung, bei der 100% gearbeitet wird und somit Plusstunden auf einem eigens dafür eingerichteten Arbeitszeitkonto gesammelt werden, auch ganz anders genutzt und individuell gefüllt werden.
Wäre ein Sabbatical was für dich? Welche Vorbehalte hättest du? Und was würdest du mit einem freien Jahr machen? Reisen? Ein berufliches oder privates Projekt angehen? Freiwilligen Arbeit verrichten? Mit der Familie eine unvergessliche Zeit verbringen?
Quellen:
Foto: Jo Fober Photograph (foberphotography.com)
Infografik: Einfach mal Pause machen | Statista
Die Babyboomer-Generation am Arbeitsplatz | Indeed.com Deutschland